Ich möchte nicht nur auf den Bandscheibenvorfall eingehen, sondern auf eine Reizung der Nervenwurzel allgemein.
Das Wurzelkompressionssyndrom oder auch radikuläres Syndrom zeigt eine Verletzung der Nervenwurzel durch Zug oder Druck. Es kommt zu kribbeln, Taubheitsgefühl oder kompletter Taubheit im Hautversorgungsgebiet (Dermatom) des betroffenen Segmentes. Ebenso können Schmerzen entstehen. Meist findet sich die Symptomatik im Bereich des hinteren, seitlichen Oberschenkels, entlang des seitlichen Unterschenkels bis hinunter zur Fußaußenkante. Die Kennmuskulatur ist geschwächt, es kann zu einer Fußheberschwäche kommen. Die Bewegung des Nervens ist eingeschränkt, so dass die neurologischen Tests positiv sind. Zum Beispiel das gestreckte anheben des Beines über 60° kann schmerzhaft sein oder ist gar nicht möglich.
Das radikuläre Syndrom kann verschiedene Ursachen haben, z.B. einen Bandscheibenvorfall, eine Spinalkanalstenose oder andere Raumforderungen. Sollten oben genannte Symptome vorliegen ist eine Abklärung durch den Arzt angeraten.
Häufiger handelt es sich nicht um eine strukturelle, sondern um ein funktionelle, in der Regel konservativ behandelbare Ursache. Es besteht zum Beispiel die Möglichkeit eines "Refered Pain", heißt das Gehirn kann nicht bestimmen welche Struktur aus dem Versorgungsgebiet des Segmentes für die Problematikverantwortlich ist.
Das Gehirn kann nicht unterscheiden aus welchem Bereich des Segmentes (Organ, Bindegewebe, Knochen, Gelenke) die Probleme kommen und zeigt den Schmerz meistens im Dermatom oder am Ursprungsgebiet, also der Wirbelsäule, häufig aber auch ausgelöst durch die reflektorisch verspannte Muskulatur in diesem Bereich.
Eine Zweite ist die sogenannte "pseudoradikuläre Symptomatik", bei der der Nerv in seiner Funktion nicht beeinträchtigt ist. Der Unterschied der Symptome zum Wurzelkompressionssyndrom |
sind, Schmerz und Kribbeln strahlen höchstens bis zum Knie aus, Die Symptome sind zentral stärker als peripher. Keine Reflexabschwächung und auch kein Kraftverlust vorhanden. Hier besteht allerdings die Gefahr der Chronifizierung und sollte behandelt werden.
90% der 50 Jährigen zeigen deutlich veränderte degenerative Veränderungen der Bandscheibe (Miller 1988). Meist bleibt der Bandscheibenvorfall aber symptomfrei. Ein gewisse Degeneration ist auch natürlich. Häufig wird die Bandscheibe als ursächlich für Schmerzen im Rücken auf Grund eines Röntgenbefundes verantwortlich gemacht, aber wie schon oben erwähnt ist eine Degeneration normal. Nach meiner Erfahrung ist der Bandscheibenvorfall mit Sicherheit vorhanden, aber nicht die Ursache der Symptomatik und mit verschiedenen Tests schnell mit relativer Sicherheit auszuschließen. Was nicht heißt, das sich aus dem Bandscheibenvorfall auch ein Wurzelkompressionssyndrom entwickeln kann. Es gibt drei Formen des BSV. Protrusion oder Vorwölbung, Prolaps (dann ist schon Kernmaterial auf BS -höhe ausgetreten und der Sequester (Verlagertes Kerngewebe nach oben oder unten)
Die Behandlung ist, sofern kein Notfall(drohender Wurzeltod) vorliegt eher konservativ. Nach sechs bis acht Wochen sollten die Beschwerden deutlich rückläufig sein. Eine OP-Indikation ergibt sich aus Anamnese, Beschwerdedauer, neurologischem Befund der Radiologie und den Erfolgen der bisherigen Behandlung.
Eher keine OP bei vorwiegend Lumbalgie, Beschwerden länger als sechs Monate, fehlende Übereinstimmung von radiologischem und klinischen Befund, längere psychosoziale Belastung und Unterschied zwischen Schmerzangabe und objektivem Befund.
OP-Erwägung bei einem Schmerzbild, das einem Nerven zugeordnet werden kann, sensible und motorische Ausfälle, einer deutlichen Übereinstimmung von radiologischem und klinischen Bild und einem Versagen der konservativen Behandlung. |